Schwimmen und Psyche
- Rainer Koch
- 31. Jan. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Feb. 2023
Viele Fitnessratgeber und Artikel verweisen auf die positiven Auswirkungen des regelmäßigen Schwimmens auf Muskeln, Gelenke, Fitness oder Streßregulation.
Wenig beachtet werden die äußeren Umstände des Schwimmens und deren Bedeutung für die Psyche.
So ist man - wenn man ungestört Bahnen schwimmt und den Kopf im und unter Wasser hält - meist alleine und kommuniziert nur minimal oder je nach Bahnenbelegung gar nicht mit Anderen.
Die Sicht ist eingeschränkt, auch mit Schwimmbrille.
Die Geräusche der Umwelt werden nur gedämpft gehört.
Die Gerüche der Umgebung sind in der Regel sehr reduziert.
Der Geschmack des Wassers ist permanent und alleine im Mund.
Das Wasser umfliesst und berührt die Körperoberfläche im Ganzen, wobei Temperatur, Dichte und Inhaltsstoffe die Griffigkeit des Wassers bestimmen.
Was bewirken diese Umstände des Schwimmens ?
Man ist im Wasser vorwiegend in einer "splendid isolation" und auf den eigenen Körper, die eigenen Bewegungen, Empfindungen und eigenen Gedanken reduziert oder fokussiert, also ganz bei sich. Die meist kontinuierliche Atmung trägt wesentlich zu dem umfassend meditativen Bewegungserleben bei, wie man dies auch aus dem Yoga oder Tai Chi kennt. Insgesamt befindet man sich in einem seltenen und umfassenden Selbsterleben, was auch als Eins-Sein erlebt werden kann.
Gelegentlich ist man sogar im mentalen Flow, einem Zustand des Glücks in völliger Absorbiertheit durch die Hingabe an die rhythmische Tätigkeit des Schwimmens.
Eng verbunden damit sind emotionale Zustände wie die große Selbstzufriedenheit und der innere Frieden, die man dann nach beendetem Schwimmen verspüren kann, neben all den physiologischen Auswirkungen der Bewegung im Wasser.
Die Wurzeln dieses Glücks liegen in der Kindheit
Dem zugrunde liegt vor allem die basale Fähigkeit allein sein zu können.
Der englische Kinderarzt und Psychoanalytiker Winnicott führte diese auf die Erfahrung einer genügend guten Bemutterung zurück. Für ihn ist das Allein-Sein-Können auch die unbedingte Voraussetzung zur Fähigkeit der Selbstregulation des Menschen.
Eine schöne Darstellung dieses Zusammenhangs berichtet die Kinder-Psychotherapeutin Regina Konrad: https://www.reginakonrad.de/ver%C3%B6ffentlichungen/die-f%C3%A4higkeit-zum-alleinsein-als-f%C3%A4higkeit-zur-selbstregulierung/?fbclid=IwAR1FL5Dnkrc5wkHXVl1iC4V__1X0ZFTw2cDebsFPcmPLRoX0hbukFffJwBI
Schwimmen ist Seelsorge
So ist also auch das Schwimmen ein schönes und einfaches Psychotherapeutikum für die Seele, das manchen Mangel und manche Verletzung aus Kinderzeiten ausgleichen und psychische Heilung bewirken kann, wenn man sich denn traut.
Denn dazu muss man auch den Schritt hinein in das Alleinsein im Schwimmbecken tun, was natürlich für manche Menschen auch sehr beängstigend ist. Manch einer, der das Schwimmen als "langweilig" empfindet und abweist, hat realiter Angst vor diesem Zustand.
Wie kommt man ins Wasser?
Man braucht selten Psychotherapie zur Überwindung dieser Angst. Ich empfehle Ihnen, mit einem Freund oder lieben Menschen gemeinsam den Schritt ins - nach Möglichkeit warme - Wasser zu machen, nur das zu tun was auch Spaß macht und sich das Alleinsein im Wasser schrittweise zuzumuten. Kaufen Sie sich eine passende Schwimmbrille. Lernen Sie die Schwimmtechniken Schritt für Schritt mit Hilfe des Internets oder eines guten Schwimmtrainers.
Mit der Zeit kommt dann auch der Genuss am Schwimmen und wächst die Fähigkeit, auch in anderen Lebenssituationen angstfrei alleine sein zu können oder sogar sich dabei sogar psychisch wohl zu fühlen.

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